Samstag, 30. Dezember 2006

Vergangenheit

Der vorvorletzte Tag dieses Jahres neigt sich dem Ende zu. Eine Zeit, in der viele Menschen noch einmal auf die vergangenen Monate zurückblicken und eine kleine Zwischenbilanz ziehen.
Auch mir geht heute sehr viel durch den Kopf, als ich alte Unterlagen sortiere und in „behalten” und „wegwerfen” aufteile. Dabei finde ich folgendes Gedicht, das ich mal im Rahmen eines Schreibkurses verfasst habe:

Gedanken strömen
Vergangenheit holt mich ein
Altbekannte Gespenster beginnen mich zu verwirren
Vergangenheit holt mich ein
Sie reißen mich auseinander
Und spielen mit meiner Seele
Vergangenheit hat mich eingeholt
Ich stelle mich ihr in den Weg
Kathrin Marks, 2004

Wenn man sich wie Stefan und ich entschlossen hat, einen absoluten Neuanfang zu wagen, stößt man beim Ausmisten auf einige geliebte und ungeliebte Relikte der Vergangenheit. Manche Erinnerungen sind schön, andere weniger. Manche tun immer noch weh. Manche haben einmal sehr weh getan und heute verspürt man nur noch ein leichtes Ziehen wie an einer verheilten Narbe, wenn man wieder damit konfrontiert wird.
Die Frage ist, wie wir mit unserer Vergangenheit umgehen. Einholen wird sie uns sowieso – ob wir sie darum bitten oder nicht, ob wir es wollen oder nicht. Wir können unserem alten Ich nicht auf Dauer entkommen. Und das ist auch gar nicht der Sinn der Sache: Wir sind zunächst einmal geworden, was wir sind, durch das, was wir erlebt haben. Wichtig ist, was wir daraus machen. Jeder Mensch kann es schaffen, seinen Frieden mit der Vergangenheit zu finden – wenn er sich ihr in den Weg stellt. Wenn er nicht wegrennt. Wenn er sie nicht bekämpft, ignoriert, beschimpft oder beschönigt. Wenn er sich die Zeit lässt, die Vergangenheit mit allem Guten und Schlechten anzuschauen, mit allen Gefühlen, die dabei auch hochkommen mögen. Das alles dauert. Und tut weh. Doch dann kann man beginnen, mit ihr abzuschließen. Und die Erfahrungen, die man aus ihr gezogen hat, in der Zukunft positiv zu nutzen. Wenn wir diesen – zugegebenermaßen harten und keineswegs erholsamen – Weg gehen, bekommen wir einen optimistischeren Blick für die Zukunft. Und wir beginnen zu leben – vielleicht zum ersten Mal.
Ich bin froh, dass ich auch diese Wege gehe. Und dass ich dabei nicht alleine bin. Ich hatte immer Menschen, die ein Stück des Weges mit mir gegangen sind. Und ich habe Gott in solche Phasen viel intensiver kennengelernt. Das möchte ich nicht missen. Trotz aller Schmerzen…

Mittwoch, 27. Dezember 2006

Fünf geheime Geheimnisse

Haso hat uns ein Stöckchen zugeworfen. Gerade so eben habe ich es noch aufgefangen, geschwisterlich mit Stefan geteilt und spiele nun ein wenig damit herum, bevor ich meine Hälfte weiterwerfe.
Also. Los gehts! Die…

Fünf Belege für meine Widerstandskraft

  1. Als ich ca. drei Jahre oder so alt war, durfte ich bei der Hochzeit von einem Onkel von mir Blumenmädchen sein. Eine Aufgabe dabei war es, dem Pastor die Ringe zu bringen. Ich habe mich allerdings standhaft geweigert, weil ich den Mann nicht kannte und keinem fremden Menschen diese kostbaren Ringe anvertrauen wollte.
  2. Einige Jahre später war ich Mitglied in einer fast reinen „Jungen-Gang”. Wir haben oft folgendes Spiel gespielt: Unsere Gruppe wurde aufgeteilt in zwei Lager. Diese Lager hatten beide die Aufgabe, die Angriffe der jeweils Anderen zu überleben. Zusätzlich war jeder der Träger eines wichtigen Geheimnisses. Am Ende eines Spiel war ich die einzige aus meinem Lager, die noch am Leben war. Um das Geheimnis aus mir herauszulocken, wurde ich „schwer gefoltert”. Trotz unsäglicher Schmerzen habe ich das Geheimnis nicht verraten.
  3. Wiederum ein, zwei Jahre später hatten wir Besuch von Verwandten aus Bayern. Weil mich mein Cousin so genervt hat, habe ich ihm eine Ohrfeige gegeben. Blöd nur, dass er daraufhin Nasenbluten hatte…
  4. Kathrin wird verschleppt Kathrin nass im Wannsee
    Mit meinem Mathe-LK haben wir unsere letzte Kursfahrt nach Berlin gemacht. Wie der Zufall es so wollte, waren wir auch am Wannsee. Irgendwie, ich weiß nicht wie, kamen die Jungs aus meinem Kurs auf die glorreiche Idee, mich in den Wannsee zu werfen. Naja, sie haben es zwar geschafft, allerdings haben sie auch acht Leute dazu gebraucht (jeweils zwei für die Arme und Beine und dann haben sich die Feiglinge auch noch untereinander abgewechselt…).
  5. Und nun noch ein letztes, hochaktuelles Beispiel für meine unerschöpfliche Widerstandskraft: Vor eineinhalb Jahren habe ich – ausgelöst durch eine Wette mit einem guten Freund – begonnen, meine Ernährung umzustellen, damit ich einige sehr überflüssige Kilos verliere. Also habe ich seitdem weitestgehend (Ausnahmen von der Regel gibt es natürlich immer) auf Pommes, Pizza, zuviel Süßes etc. verzichtet. Und ich habe es in der Weihnachtszeit geschafft, nicht ein einziges Mal Dominosteine zu kaufen, obwohl sie mit jedem Einkauf lauter zu mir gesprochen haben. Besonderen Respekt zollt man meinen Anstrengungen vielleicht, wenn man weiß, dass mein fieserweise unglaublicher schlanker Mann essen kann, was er will, ohne auch nur ein Gramm zuzunehmen (grrrr…).

Wer nun denkt, dass ich ein Mensch bin, der allem ganz leicht widerstehen und sich immer durchsetzen kann, hat recht… und unrecht. Es gibt viele Dinge, denen ich – leider? – absolut gar nicht widerstehen kann. Das erzähle ich aber erst, wenn ich das nächste Stöckchen bekomme…
Leider können wir unser mittlerweile zerbrochenes Stöckchen nur an eine Person weiterschicken, da wir kaum Menschen in der Blog-Community kennen. Trotzdem würde uns interessieren, was KrazyKat dazu sagen wird… Viel Spaß Dir also beim Zusammenbasteln des Stöckchens!

Geheimniskrämerei

Haso hat uns beiden ein virtuelles Stöckchen zugeworfen. Wir finden, das ist eine tolle Sache, um mehr voneinander zu erfahren, aber es kann in diesem Fall auch erschreckend peinlich werden. Ich werde euch nämlich…

Meine fünf ersten Male

…schildern. Also denn:

  1. Meine erste Zigarette: Die habe ich damals heimlich mit zwei Freunden aus unserer Straße in einem Grünstreifen zwischen den Bahngeleisen gepafft. Und nach der ersten Backe voll Rauch mit dem anschließenden Husten- und Würgeanfall hatte ich auch für den Rest meines bisherigen Lebens genug davon.
  2. Mein erster Horrorfilm: Eigentlich ist Gremlins kein Horrorfilm, aber zur damaligen Zeit war ich noch nicht abgebrüht genug. Wir waren mit der halben Klasse im Kino und ich habe letzlich auch nur den halben Film gesehen, weil ich den Rest der Zeit die Augen zugehalten oder meine Hintermänner gefragt habe, ob die Szene schon vorbei ist. Die Nacht war entsprechend von Albträumen geplagt. Nach einigen Jahren Abstand kann ich über diesen Film mittlerweile herzlich lachen (würde ihn aber Kindern in meinem damaligen Alter trotzdem nicht empfehlen).
  3. Mein erstes Mal alleine mit Vaters Auto: Da der Garagenhof etwas schmal ist, dachte ich mir: „Schlage ich das Lenkrad mal früh ein”, gebe Gas, setze rückwärts aus der Garage – und höre dieses hässliche „Schraaaaaatz” am vorderen, linken Teil der Stoßstange. Leider hatten wir in der Fahrschule nicht gelernt, dass Autos, rückwärts gelenkt, ausscheren. Mein Vater nahm die Hiobsbotschaft aber gelassen hin (jedenfalls äußerlich), obwohl er von den roten Streifen an der Garageneinfahrt und den weißen am Auto nicht begeistert war.
  4. Mein erster Kontakt mit einer Katze: Durch Kathrin habe ich Katzen als Haustiere zu schätzen gelernt. Aber ohne sie hätte ich wohl immer noch einen Vogel (bevorzugt einen Wellensittich). Denn mein erster Kontakt mit einer Katze fand im Garten statt, als ich noch zu klein und unerfahren war, um das heftige Schwanz-Zucken als ein Zeichen zu deuten, jetzt besser mit dem (zugegebenermaßen recht groben) Streicheln aufzuhören. Das nächste, woran in mich erinnere ist ein Fauchen, ein Buckel mit gesträubten Haaren und blitzend-weiße Krallen. In den folgenden endlosen 30 Sekunden Flucht stellte ich dann fest, dass dieses blöde Mistviech die ganzen Abkürzungen durch das Gestrüpp kannte, welche ich aufgrund meiner Körpergröße nicht nehmen konnte. Erst durch das Erklimmen einer Leiter konnte ich das Katz-und-Kind-Spiel beenden.
  5. Mein erster Kuss von Kathrin: Da war ich noch so hibbelig, dass ich kurz, bevor unsere Lippen sich berührten (romantische Musik ertönt), den Kopf zur Seite drehte und sie mir so nur einen Wangenkuss verpassen konnte. Naja – Übung macht den Meister.

So, genug der Peinlichkeiten. Schaut euch auch mal an, wie Kathrin mit dem Stöckchen spielt.

Montag, 25. Dezember 2006

Frohe Weihnachten

Krippe

Wie „alle Jahre wieder” ist es Weihnachten. Für manche die schönste Zeit des Jahres, für andere vielleicht die einsamste. Die einen freuen sich auf besondere und friedliche Momente im Kreis ihrer Familie, die anderen versuchen, alleine klarzukommen.
Für uns ist diese Weihnachtszeit in diesem Jahr die merkwürdigste und gefühlsintensivste, die wir je erlebt haben. Im nächsten Jahr werden wir Weihnachten weit weg von den Menschen, die wir lieben, möglicherweise grillenderweise am Strand erleben – bei 30°C. Komischer Gedanke. Bei aller Vorfreude auf Neuseeland bringt uns gerade diese so besondere Zeit im Jahr ins Grübeln. Lässt Wehmut aufkommen…
Aber gerade deswegen wollen wir unser – zumindest vorerst – letztes Fest hier so intensiv wie möglich genießen. Und das wünschen wir euch allen: Genießt die Zeit mit eurer Familie, euren Freunden. Man weiß nie, wie sich die Zukunft entwickelt. Man kann eben nicht alles planen. Und wir werden – in Gedanken oder in direkten Begegnungen – gerne mit euch zusammen feiern. Wir wünschen euch frohe Weihnachten. Passt auf euch auf…

Samstag, 23. Dezember 2006

Die 5-Wochen-Regel

Olly geht es auch gut

Manch einer, welcher diesen Beitrag gelesen hat, wird sich vielleicht fragen, wie es sich jetzt, 5 Wochen später, mit meinen Gefühlen gegenüber unseres Vorhabens verhält. Die Antwort lautet (*Trommelwirbel*):

Es geht mir gut!

Der Gedanke scheint endlich die 30cm tiefer ins Herz gerutscht zu sein. Ich schaue dem Ganzen immer freudiger entgegen. Die Träume der letzten Tage drehen sich nicht mehr um irgendetwas Bedrohliches, sondern um positive Bilder aus dem Urlaub. Ich halte unser Vorhaben nicht mehr für einen schlechten Scherz, sondern für einen konkreten Neubeginn.

Klar sind da auch noch Wermutstropfen zwischendurch. Wenn ich z.B. mit unserem Kater Olly schmuse, kommt regelmäßig der Gedanke hoch, dass mir sein Schnurren, sein weiches Fell mit dem typischen Geruch und sein „Räbäh“ zur Begrüßung fehlen wird. Oder der Gedanke, dass gute Freunde oder die Familie nun nicht mehr max. eine halbe Stunde in Reichweite liegen, sondern höchstens elektronisch oder über Briefe greifbar sind. Oder (aus aktuellem Anlass) der Bummel in dicken Klamotten gegen die Kälte über einen Weihnachsmarkt mit den bunten Lichtern und den typischen Gerüchen und Klängen. In den letzten Tagen haben wir alles mitgenommen, was es noch (in vertretbarem Rahmen) an Erfahrungen und Aktionen mitzunehmen gab. Ich denke, diese Erinnerungen werden uns auf der anderen Seite der Welt helfen, in Heimweh-Zeiten durchzuhalten.

Aber nichtsdestotrotz scheint sich bei mir endlich der Eindruck durchgesetzt zu haben, dass wir eine gute Entscheidung getroffen haben. Und was die fehlenden Sicherheiten und all die Dinge aus dem oben erwähnten Beitrag angehen, die mich so verunsichert haben: Gott hat sich bereits um vieles gekümmert und wird sich auch um alles weitere kümmern.

Dienstag, 19. Dezember 2006

Warum Neuseeland? - Teil 9 - Wetter

Unerwarteter Sonnenschein an der Westküste

Wenn es etwas gibt, das noch abwechslungsreicher und wechselhafter ist als andere in Neuseeland, dann ist es das Wetter. Verlassen kann man sich hier auf nichts – außer, dass man sich auf nichts verlassen kann. Natürlich gibt es auch hier „normale” Jahreszeiten. Dennoch kann es einem im Sommer passieren, dass es plötzlich doch schneit. Und es gibt Gebiete, die entweder für ihre Trockenheit oder ihre Feuchtigkeit bekannt sind. Wir hatten trotzdem im trockensten Gebiet (dem Abel Tasman Nationalpark) Regen und im feuchtesten Gebiet (der Westküste der Südinsel) durchgängig Sonne (und das haben uns sogar manche Kiwis nicht geglaubt).

Wetterfront am Cape Turnagain
Wetterfront auf der Banks Halbinsel
Stefan im Regen Grand Chateau im Nebel
Kathrin im Regen
Fahren auf verschwundener Straße

Und dieses unbeständige Wetter bringt es mit sich, dass man klamottentechnisch immer bestens ausgerüstet sein sollte. Selbst wenn man sich morgens bei 28° und Sonnenschein ins Auto setzt, kann es sein, dass es zwei Stunden später oder auch nur 50 Kilometer weiter doch wieder regnet – oder umgekehrt. Kann ziemlich frustrierend sein, wenn dadurch die Pläne für einen ganzen Tag auf den Kopf gestellt werden. Oder man wird eben furchtbar nass, so wie wir auf den beiden Bildern rechts, wenn man seine Pläne nicht ändern kann oder will. Es kann auch sein, dass man beschließt, an einem solchen Regentag nun eben nicht zu wandern, sondern nur in Ruhe mit dem Auto durch die Gegend zu fahren – um dann doch nichts oder zumindest nicht viel zu sehen. Das Hotel auf der rechten Seite ist z.B. für seinen tolle Lage vor dem Vulkan Mt. Ruapehu bekannt. Naja, wir mussten einfach mal „blind” glauben, dass er sich wirklich noch dort befindet…

Wolken am Franz Josef Gletscher Wolken über Kaikoura
Wolken am Stirling Point
Wolken auf der Crown Range

Schlechtes Wetter hat allerdings auch eine gute Seite: Nämlich die Wolken. Sie sind einfach geniale Stimmungsmacher. Klingt vielleicht nach einer billigen Ausrede, aber immer nur eine Sonne, die an einem blauen Himmel vor sich hin scheint, finde ich total langweilig. Jeden Tag dasselbe Wetter entspricht auch einfach nicht meiner Natur, meinen eigenen inneren Zuständen (bin aber dann doch nicht ganz so wechselhaft wie das neuseeländische Wetter).
Wenn man sich die Bilder auf der linken Seite nun einmal genauer anschaut, könnt ihr vielleicht verstehen, was ich meine: Wolken können verschleiern oder den Blick auf das Wesentliche lenken. Wolken machen interessante Landschaften noch interessanter oder verleihen ihnen erst ihren speziellen Reiz. Wolken können bedrohlich wirken oder wie Schmuck, genau an der richtigen Stelle platziert. Wolken sind etwas ganz Besonderes.

Sonnenuntergang in Waitomo Sonnenuntergang am Flagstaff Hill
Kathrin vor Sonnenuntergang
Sonnenuntergang in Russell

Trotzdem ist das – wahrscheinlich für die meisten Menschen – schönste Wetterphänomen der Sonnenuntergang. Es ist so, als würde der Himmel in den letzten Minuten des Tages noch einmal sein Letztes (und Bestes) geben. Dabei bekommt die wunderbarsten Farbenspiele zwischen Wolken und Sonne zu sehen. Wir vergessen in diesen Momenten alles – sogar das Essen. Und verstehen die Menschen nicht, die mit uns zusammen die Sonne auf dem letzten Weg ihres Tages begleiten – und dann doch gehen, bevor es ganz zu Ende ist. Solche Menschen verpassen dadurch nicht nur manche kleine oder große Überraschung, die die Wolken noch zu bieten hatten, sondern auch den besonderen Zauber, der sich erst ganz am Ende entfaltet…

Sonntag, 17. Dezember 2006

Warum Neuseeland? - Teil 8 - Wasser

Wellen an der Curio Bay

Endlich endlich endlich mein Lieblingsthema: Wasser! Ich liebe dieses Element mehr als alle anderen. Natürlich ist auch das Element Erde schön mit seinen Gebirgen und Bäumen. Und natürlich liebe ich auch die Luft, also den Himmel mit seinen faszinierenden Wolkengebilden und Farbspielen. Und auch das Feuer – in Neuseeland repräsentiert durch die Vulkane und Thermalgebiete – hat seinen eigenen Reiz. Aber das Wasser… wild und ruhig zugleich, mal friedlich, mal bedrohlich. Für mich gibt es einfach kein „besseres” Element. Begebt euch nun mit mir zusammen auf eine kleine Erkundungstour.

Der See Hawea
Peters Pool am Franz Josef Gletscher
Die Waikorupupu Quelle

Fangen wir mit den Seen an. Egal, wo man sich in Neuseeland befindet, man ist meist nicht nur in der Nähe vom Meer, sondern trifft auch überall mal kleinere, mal größere Seen an. Und das Wunderbare ist, dass das Gute oft schon neben der Autotür beginnt. Man hält am Straßenrand und hat Ausblicke wie auf den See Hawea im linken Bild.
Manche Seen liegen so ruhig und still, dass man das Gefühl hat, direkt in einen Spiegel zu schauen und ganze Berge und Gletscher in ihm zu entdecken. Wenn man dann noch wie zufällig von Fantails (siehe Artikel über Tiere) umschwirrt wird, hat man das Gefühl, man ist direkt in einem Märchen gelandet…
Andere – sehr kleine – Seen sind so klar, dass man bis auf den Grund blicken kann, der so bunt ist, wie man es sonst nur von Korallenriffen kennt. Dann erfährt man, dass es sich dabei um eine der größten Süßwasserquellen (Waikorupupu Springs) der Welt handelt und man das Wasser bedenkenlos trinken kann. Dass die Kamera hier vor lauter Luftfeuchtigkeit zu spinnen beginnt, interessiert mich nicht mehr so richtig. Wichtig ist plötzlich nur noch die Magie dieses Ortes…

Gletscherfluss Fluss bei den Fantail Wasserfällen
Fluss bei den Ariki Fällen
Fluss im Westen der Südinsel

Ähnlich wie mit den Seen ist es mit den Flüssen. Auch um ihre Schönheit zu erfahren, braucht man nicht weit zu laufen oder zu fahren. Es reicht, wenn man sich Zeit lässt auf seiner Reise durch dieses unglaubliche Land. Der eisblaue Gletscherfluss zum Beispiel: Eigentlich ein viel zu schöner Platz, um nur kurz für ein Foto anzuhalten. Oder der Fluss hinter den Ariki Fällen (die aber eigentlich nur etwas größere Stromschnellen waren). Am liebsten würde man an solchen Orten länger verweilen, wenn hinter der nächsten Kurve nicht auch schon wieder das nächste Wunder auf einen warten würde. Für eine Reise durch Neuseeland braucht man eben viel Zeit. Vor allem, wenn man einmal an der „Hauptattraktion” eines Ortes (z.B. einem Gletscher) einen Schritt zur Seite macht und Blick auf die kleinen Dinge am Rand richtet, die einen oft mindestens genauso verzaubern können wie das, weswegen man eigentlich zu diesem Ort gekommen ist…

Matai Fälle
Omaru Fälle
Thunder Creek Fälle
Detailaufnahme Kerosene Creek Detailaufnahme Omaru Fälle
Detailaufnahme Matai Fälle
Detailaufnahme Rainbow Fälle

Meine eigentliche Liebe im Element Wasser gilt allerdings den Wasserfällen. In unserem ersten Aufenthalt in den USA waren wir an den Niagara-Fällen. Und auch wenn sich dort alles um Kommerz und Tourismus bzw. die Ausbeutung von Touristen dreht und sich nichts mehr in seinem ursprünglichen Zustand befindet, habe ich mich dort in „vom Himmel fallendes Wasser” verliebt. Deswegen habe ich vor unserem Urlaub in Neuseeland einen Arbeitskollegen meiner Mutter, der schon mehrmals im Kiwiland war, ängstlich gefragt, ob wir denn wohl auch Wasserfälle zu Gesicht bekommen würden. Heute wundert es mich, dass er meine Frage nett mit „Ja” beantwortet und aufgrund der Fülle von Wasserfällen, die es dort gibt, als Erwiderung nicht einfach laut gelacht hat…
Das größte Zeitproblem bei unserer Reise durch Neuseeland stellten dann auch wirklich mit Abstand die Wasserfälle dar. Mehr als einmal haben wir zufällig am Straßenrand ein Schild mit der Aufschrift „… Fälle” gesehen und daraufhin entweder mehr oder weniger spektakulär gewendet oder einige Kilometer Schotterstraße in Kauf genommen, nur, um zum nächsten Wasserfall zu gelangen. „Hast Du einen gesehen, hast Du alle gesehen.”, sagen manche Leute. Ich sehe das total anders: Es gibt diese großen, fast bombastischen Fälle, die einem die Sprache verschlagen. Es gibt die ganz ganz kleinen Fälle am Wegesrand, die mit Sicherheit oft übersehen werden – aber nicht von mir. Es gibt Fälle, die so verwunschen sind, dass man denkt, man befindet sich plötzlich in einer anderen Zeit.
Als erstes habe ich mein Neuseeland bei den Omaru-Fällen gefunden. Hier, weit weg von allen anderen Menschen, fast eins mit der Natur, hatte ich das Gefühl, endlich im Land meiner Träume angekommen zu sein. Für mich ruht der Zauber, die Seele Neuseelands nun mal in den Wasserfällen. Wenn es mir nicht gut ging im Urlaub, brauchten wir bloß zu einem Fall zu fahren und ich war wieder glücklich. Von ihnen kann ich einfach nicht genug bekommen. Und jetzt habe ich genug geschwärmt und höre auf zu schreiben, bevor mich die Sehnsucht übermannt…

Freitag, 15. Dezember 2006

Warum Neuseeland? - Teil 7 - Geologie

Die Remarkables

Die Geologie Neuseelands ist schon allein wegen seiner Lage auf dem „Ring of Fire“ des Pazifischen Ozeans besonders. Geologisch gesehen sind die zwei Inseln relativ jung. Unter ihnen schieben sich die pazifische und die australisch/indische Kontinentalplatten zusammen und dabei rumpelt es kräftig. Endergebnis sind die wunderschönen Südalpen mit ihren Fjorden auf der Südinsel, die aktiven geothermalen Gebiete und Vulkane auf der Nordinsel – und ca. 1000 Erdbeben im Jahr.

Letzteres ist übrigens der Grund, warum in dem Artikel über Städte kaum Häuser aus Stein zu sehen sind. Die fallen einfach zu oft in sich zusammen, wenn die Erde mal wieder wackelt. Daran muss man sich gewöhnen, wenn man in Neuseeland Hausbesitzer wird: Für sein teures Geld bekommt man zumeist nur eine Menge Holz mit etwas Strom- und Wasserleitungen.

Mount Ruapehu
Mount Ruapehu am Abend

Fangen wir in der Mitte der Nordinsel an: Dort bietet der Tongariro National Park mit seinen Vulkanen ein Skigebiet mit Potential für einzigartige Fotos, wenn Mount Ruapehu wie z.B. im Jahr 1995 erwacht und seinen Kratersee mit Überschallgeschwindigkeit in die Atmosphäre pustet. Es gab damals erstaunlicherweise keine Opfer und von den Kiwis nur den trockenen Kommentar: „Sylvester kam heute etwas früh.“ Aber auch, wenn es ruhig zugeht, ist das Panorama sowohl im Sommer als auch im Winter atemberaubend. Vor einem solchen Berg zu stehen macht einem bewußt, dass wir Menschen nur ein kleiner Teil der Natur sind.

Lady Knox Geysir Champagner Pool
Dampfgewinnung in Rotorua
Heißer Pool in Rotorua

Vom Tongariro National Park aus erstreckt sich gen Norden der geologisch aktive Teil Neuseelands: Die Städte Rotorua, Taupo und ihre beiden gleichnamigen Seen sind die Ausgangspunkte für Exkursionen in Landstriche, welche bizarr, bunt und abenteuerlich zugleich sind. Hier dampft, brodelt, blubbert es und ab und zu bricht sich kochendes Wasser eines Geysirs den Weg aus dem Erdinnern gen Himmel. Algen färben Bäume in allen nicht-natürlichen Farben. Die Luft stinkt nach faulen Eiern und Metall bzw. Elektronik rostet überdurchschnittlich schnell. Die meisten Sehenswürdigkeiten haben „…des Teufels” im Namen. So findet man hier sein Badezimmer, sein Wohnzimmer, seine Farbtöpfe und noch vieles mehr. Doch trotz der Nachbarschaft des Leibhaftigen haben sich viele Menschen hier angesiedelt und profitieren in Form von heißem Dampf aus der Erde von der schieren Energie, welche im Erdinnern schlummert.

Ebenfalls davon profitieren kann man, wenn man noch weiter nördlich an einigen Stränden (z.B. auf der Coromandel Halbinsel) kleine Löcher in den Strand buddelt und sich so selber einen kleinen, heißen Pool baut. Wenn es sich dann gerade darin bequem gemacht hat und auf das Meer hinausblickt, kann man vielleicht auch die weiße Dampfwolke von White Island sehen, einer noch hochaktiven Vulkaninsel vor der Küste der Nordinsel. Diese ist quasi der letzte sichtbare Hinweis auf die vulkanisch aktive Zone, welche von dort aus nach Nordosten unter dem Meer weiterverläuft und erst wieder bei den Fiji-Inseln zutage tritt.

Pancake Rocks Doubtful Sound
Moeraki Boulders
Franz Josef Gletscher

Die Südinsel hingegen wartet mit eher ruhigen, dafür aber nicht weniger beeindruckenden Szenarien auf. Hier verschlägt es einem den Atem bei einer Fahrt durch die Fjorde. Man staunt über einen Gletscher, welcher hoch oben im Berg beginnt und mitten im Dschungel bei 27°C im Sommer endet. Man betrachtet verwundert die pfannekuchenartigen Stapel von Gestein bei den Pancake Rocks. Wissenschaftler grübeln über die Entstehungsgeschichte der Moeraki Boulders – perfekt runde Steinklumpen mit kristallinen Geflechten. Die wunderschöne Banks Peninsula ist das Ergebnis von drei miteinander verschmolzenen Vulkankratern, welche vor Urzeiten für eine gehörige Portion Lärm gesorgt haben müssen.

Schildkröte aus Stein

Mancher denkt vielleicht, Geologie ist doch etwas Langweiliges. Aber hier in Neuseeland wird man eines Besseren belehrt. Alles ist aktiv, in Bewegung, bunt, abwechslungsreich, spannend. Gleichzeitig weisen die Urkräfte und Gefahren den Menschen zurück in seine Schranken, wenn er sich mal wieder zu wichtig nehmen will. Die Schlußfolgerung, nur ein kleiner Teil eines großen Ganzen zu sein, haben die Maori schon lange gezogen. Und wir täten manchmal vielleicht auch gut daran.

Dienstag, 12. Dezember 2006

Warum Neuseeland? - Teil 6 - Menschen

Kiwi-Wegweiser

Einen Artikel über die Menschen in Neuseeland zu schreiben, ist gar nicht so einfach. Nicht, weil es da nichts zu erzählen gibt. Sondern weil mir die Natur einfach mehr liegt. Weil Menschen sich nicht so leicht in Worte packen lassen. Da Neuseeland aber nun ein Land ist, dass zwar verhältnismäßig wenig bevölkert ist, aber eben doch auch von Menschen und nicht nur von Tieren bewohnt wird, gebührt auch ihnen ein eigener Eintrag. Und außerdem wäre eine Reihe über Neuseeland keine vollständige Reihe, wenn man nicht auch auf manche typische Eigenschaften von Kiwis oder „Halbkiwis” eingehen würde. Na denn mal los…

Wharenui bei Akaroa
Waka Taua (Kriegskanu) in Rotorua
Te Wero (Herausforderung) eines Maori

Das, womit man in Neuseeland immer wieder konfrontiert wird – ob man nun will oder nicht –, ist die Kultur der Maori. Mancher sportinteressierte Mensch kennt vielleicht die Rugbymannschaft der Kiwis, die All Blacks, die zumindest teilweise aus Maoris besteht. Vor jedem Spiel „begrüßt” das neuseeländische Team seinen Gegner mit einem haka, einem wirklich beeindruckend aussehenden Kriegstanz, um seinem Gegner Angst einzujagen. Und wer das einmal in natura gesehen hat, kann wohl auch verstehen, warum einen da schnell der Mut verlassen kann. Vielleicht trägt auch gerade diese Begrüßung dazu bei, dass Neuseeland das beste Rugbyteam der Welt hat.
Aber auch andererorts stößt man immer wieder auf Einflüsse der Maori-Kultur. Viele Ortsnamen tragen Maori-Namen (so dass wir Europäer sie manchmal kaum aussprechen können), an vielen Sehenswürdigkeiten (wie z.B. bei den Thunder Creek Falls oder den Moeraki Boulders) findet man Schilder, auf denen die Bedeutung dieses Ortes für die Maori erklärt wird. Diese Geschichten lesen sich oft wie kleine Märchen und erinnern uns an Träume. In einem Artikel über Neuseeland steht: „Wie weiß man, was Traum und Wirklichkeit ist in einem Land, in dem die ersten Einwohner, die Maori, die Träume als echte Erlebnisse nahmen? Die Maori sagen, wenn wir unsere Fähigkeit zu träumen verlieren, werden uns unsere Geister verlassen.” Ob man ihnen nun zustimmt oder nicht: Träumen tut gut. Und bringt uns manchmal näher zu dem, was wir eigentlich wünschen. Und in Neuseeland habe ich das Träumen wieder verstärkt gelernt…

Kathrin scheitert am Baumstamm Stefan steigt über Wanderwegzaun
Die längste Hängebrücke Neuseelands
Sehr tragfeste Hängebrücke

Weg von der Kultur hin zu einer der Lieblingsbeschäftigung der Kiwis (und auch vieler Neuseelandtouristen): Dem Wandern. Einer Sache kann man sich gewiss sein, wenn man in Neuseeland versucht (und ich sage bewusst versucht), irgendeinen Ort zu Fuß zu erreichen: Man weiß nie, was einen hinter der nächsten Wegbiegung erwartet. Mal läuft man über Schafweiden und klettert über Zäune, in der ängstlichen Erwartung, im nächsten Moment von einem Farmer erschossen zu werden. Ein anderes Mal trifft man auf mehr oder weniger lange und/oder sicher aussehende (Hänge-)Brücken, die es zu überqueren gilt. Dann wieder steht man plötzlich vor einem riesigen Baumstamm, der mitten im Weg liegt und über den man erst einmal klettern muss – nur um sich danach an einem Seil eine kleine Felswand nach unten zu hangeln. Manche Wanderwege sind kaum als solche zu erkennen, sind rutschig, voller Wurzeln und ähnlicher Fallen. Warum schreibe ich das alles in einem Artikel über Menschen in Neuseeland? Weil es den Kiwis wichtiger ist, dass ihr Land ursprünglich bleibt, als überall für perfekt begehbare Wanderwege zu sorgen. Weil sie auch ein wenig Abenteuer suchen auf ihren Wanderwegen (und wir sind noch gar keine echten und langen Wanderwege gelaufen). Und die Abenteuerlust bringt mich auch schon zu meinem nächsten Punkt…

Kajaken im Doubtful Sound Familien in Te Anau
Jugendliche baden in den Piroa-Fällen
Boomnetting in der Bay of Islands
Einradfahrer in Wellington
Radfahrer im Tongariro Nationalpark
Felskletterwand in Auckland

Okay. Abenteuer. Obwohl Neuseeland eigentlich ein Land der Ruhe ist, ein Land, in dem man lang vergessenen Frieden wiederfinden kann, in dem man wieder mehr zu sich selbst findet, kommen einige der extremsten Extremsportarten von diesem kleinen Land down down under (ein Bespiel hierfür ist das mittlerweile überall praktizierte Bungeejumping). Und selbst wenn man nicht zum derart mutigen und/oder lebensmüden Teil der Menschheit gehört: Um Outdoorsportarten kommt man in Neuseeland kaum herum. Überall spielt sich ein großer Teil des Lebens draußen bei sportlichen Aktivitäten ab. Schon an unserem zweiten Tag in Auckland haben wir mitten in der Stadt eine Felskletterwand gesehen und seitdem wollten wir selbst einmal klettern (was wir ja mittlerweile auch leidenschaftlich machen). In Wellington fährt plötzlich ein Einradfahrer derart geschickt an uns vorbei, dass man denkt, er ist schon damit auf die Welt gekommen. Andererorts baden Jugendliche in Wasserfällen, lassen sich Touristen in großen Netzen neben einem Boot herziehen, erkundet Groß und Klein die Natur vom Kajak oder Fahrrad aus. Einfach nur einen erloschenen Vulkankegel in Auckland hochzujoggen ist da abolut nichts besonderes mehr (wir haben uns schon normal gehend da hochgequält).

Vielleicht muss man Sport mögen, um dieses kleine Volk richtig zu verstehen. Vielleicht auch nicht. Vielleicht sollte man bereit sein, sich genauso wie die Kiwis auf die Suche nach der letzten unberührten Natur zu begeben – egal, wie der Weg auch aussehen mag und wie entbehrungsreich die Reise auch werden wird. Ich weiß es nicht. Mir hat die Reise durch dieses Land und die Begegnung mit seinen Menschen geholfen, nicht nur meinen Träumen, sondern auch mir selbst näher zu kommen. Und wenn so etwas passiert, ist es doch nicht wichtig zu wissen, was jetzt genau dafür verantwortlich war. Man sollte sich einfach darüber freuen. Und das tue ich…