Samstag, 21. Mai 2011

Ausschweifungen

lernen, lernen, lernen

Lange habe ich nichts mehr von mir hören lassen auf dem Blog. Seitdem ich studiere, habe ich mich irgendwie ganz schön vergraben in den ganzen Texten, die wir lesen, den Hausarbeiten, die geschrieben werden müssen, und dann noch Prüfungen und Praktikum und und und. Aber ich genieße es. Ich habe das Gefühl, dass die Entscheidung, noch einmal die Schulbank zu drücken, genau die richtige war. Meine Mitstudenten sind super, altersmäßig sehr gemischt (von 25-57), so ziemlich alle haben eine Menge Lebenserfahrung (viele haben Suchtprobleme gehabt in der Vergangenheit, manche waren bereits im Gefängnis). Wir sind ca. gleich viele Männer wie Frauen. Einige kommen aus Neuseeland, andere nicht. Und alle haben wir den Wunsch gemeinsam, Counsellor zu werden.

Das Studium ist auf jeden Fall anspruchsvoll. Mein Kopf ist vor allem in den ersten Wochen fast überfordert damit gewesen, plötzlich so viel Neues aufnehmen zu müssen. Ich war ständig müde und überarbeitet. Auch, weil ich so perfektionistisch bin und mich nicht gerne mit „mittelmäßigem” zufrieden gebe. Mittlerweile habe ich erkannt (erkennen müssen), dass ich so gestresst aber nicht drei Jahre durchhalte und einen Gang runterschalten muss. Und habe jetzt meinen (temporären?) Frieden damit gefunden.

Das Studium ist auch anspruchsvoll, weil es nicht nur um pure Wissensvermittlung geht, sondern um ständige persönliche Weiterentwicklung. Und so werden wir immer wieder herausgefordert, uns unsere Vorurteile anzugucken und die ganzen Ecken in unserer Persönlichkeit, die wir am liebsten vergessen würden. Das tut manchmal ganz schön weh und ist nicht immer schön anzusehen, aber wie kann ich als Counsellor Weiterentwicklung von einem Menschen „erwarten”, wenn ich nicht selbst zuerst dazu bereit bin? Gar nicht. Also gucke ich hin. Und entdecke. Und trauere manchmal. Und dann staune ich wieder.

Eine dieser Veränderung in mir wurde angestoßen durch ein Gruppenprojekt in Soziologie. Unsere Aufgabe war es, Forschung zu einem frei gewählten Thema zu betreiben und dann einen (Gesetzes-)Entwurf zu erstellen. Zusammen mit zwei Mitstudenten habe ich mich mit Tierquälerei und der Verbindung zu anderweitiger Kriminalität beschäftigt. Es ist erwiesen, dass Menschen, die Tiere quälen, im weiteren Verlauf diese Gewalt gegen Mitmenschen richten. Als Ursache wird oftmals mangelndes Einfühlungsvermögen und ein niedriges Selbstbewusstsein gesehen. Wir haben den Gesetzesvorschlag entwickelt, dass Straftäter aus diesen Gründen nicht einfach nur eine Strafe zahlen müssen und/oder ins Gefängnis kommen, wenn sie wegen Tierquälerei angeklagt worden sind, sondern zusätzlich obligatorische Sitzungen mit einem Counsellor machen müssen. Um in einem geschützten Rahmen an ihren grundlegenden Problemen arbeiten zu können. Wir wissen noch nicht, ob wir diesen Entwurf wirklich einreichen (obwohl unsere Dozenten uns dazu ermutigt haben, als wir ihn präsentiert haben), aber ich habe viel gelernt, dadurch, dass ich mich so bewusst mit diesem Thema (Tierquälerei und soziologischen Fragen generell) beschäftigt habe.

Ich liebe Tiere. Ich könnte nie ein Tier töten und scheitere sogar daran, eine Mücke zu töten. Trotzdem esse ich Fleisch. Das werde ich auch noch weiter tun. Aber weniger. Und nur noch Biofleisch. Das ist teurer, aber ich kann es sonst mit meinem Gewissen nicht mehr vereinbaren. Gleichzeitig versuchen wir, generell mehr Fair Trade- und Bioprodukte zu kaufen, auch, wenn unsere Finanzen es noch nicht zulassen, ganz umzusteigen. Dann liebe ich die Natur. Und es macht mich traurig, dass wir Menschen schon so viel kaputt gemacht haben. Also versuchen jetzt sowohl Stefan als auch ich noch verstärkter, Müll zu vermeiden. Wir planen unser Traumhaus (wer weiß, ob wir jemals genug Geld haben werden, um es tatsächlich zu bauen) und betreiben da bewusst Nachforschungen, wie man es so umweltschonend wie möglich bauen (oder umbauen) kann. Ich hasse mittlerweile jegliche Fastfoodkette, die ganze Schnellebigkeit unserer Gesellschaft. Aber: Das ist meine Einstellung. Ich weiß, dass andere Leute das auch anders sehen, und das ist OK so. Ich will niemandem auf die Füße treten, ich habe mit Sicherheit nicht die Wahrheit (was ist denn eigentlich „die Wahrheit”?) mit Löffeln gefressen. Ich möchte euch nur an dem teilhaben lassen, was sich in den letzten drei Monaten bei mir getan hat.

Und jetzt höre ich mal auf zu schreiben und mache mich ans Abendessen, denn es gibt heute Abend Sushi – lecker!!! Passt alle auf euch auf. Drücke euch.

Dienstag, 3. Mai 2011

Tornado

Deadly Air on 365 Project

Entwarnung. Unsere Wohnung steht noch. Aber das war knapp.

Bisher haben wir Tornados im Fernsehen immer fasziniert beobachtet. Gänsehaut bekommen bei der Zerstörungskraft. Und das ist ja alles ganz gut und schön, wenn die Reportage aus dem „Fernen” Amerika oder so stammt. Aber so nah (15km) war dann doch etwas zu nah für unseren Geschmack.

Ich war an der Uni, als ich nach einer Vorlesung die Nachrichten sah. Und ich wusste dass Kathrin kurz vorher mit dem Bus auf dem Weg nach Hause gewesen war. Dementsprechend erleichtert war ich, als sie mich kurz danach per Skype antextete. Aber sie hat auch etwas mitbekommen – nämlich den extremst starken Regen, der üblicherweise in der Nähe von diesen Rüsseln niedergeht.

Also nochmal: Uns geht es gut. Aber einem Menschen in Auckland gar nicht mehr und einigen Haus- und Geschäftsbesitzern weniger. Und so wechselhaft wie das Wetter momentan ist (ist halt Herbst), gibt es so richtige Entwarnung für die nächsten Tage auch nicht. Mal schauen…