„Zeig' mir deine Wohnung, und ich sage dir, wer du bist.” – Wenn es danach geht, sind wir im Moment totale Chaoten. Und wir haben erst angefangen… Während andere Paare gerade in Begriff sind, sich ihr neues Nest einzurichten, bricht unseres Stück für Stück zusammen. Bilder verschwinden von den Wänden, Kuscheltiere von den Sofalehnen (siehe rechts), leere oder gefüllte Kisten stapeln sich hier und da (siehe unten), usw. Unsere Wohnung verliert ihr Gesicht, ihre Wärme (und dann wird es noch Winter – na super…).
Wir durchlaufen momentan unsere Empfindungen in 5-Wochen-Abständen: Erst Kathrin, dann ich. Das kann von Vorteil sein, wenn ich mich auf ein positives Gefühl freuen kann, welches sie vorher hatte. Das ist aber auch von Nachteil, wenn ich Kathrin dabei beobachten muss, wie sie durch ein Stimmungstief geht. Und ein solches Tief hat nun mich erreicht. Ich bekomme angesichts unserer sich verändernden Wohnung Panik. Auf was für einen Wahnsinn habe ich mich da eigentlich eingelassen? Ich bin doch eigentlich der Typ: Sicherheiten. Ich brauche Gewohnheiten, Rituale, Ordnung, alles an gewohnten Plätzen oder zu gewohnten Zeiten. Und wo sind diese Dinge jetzt? Weg! Wo anders! Wann anders! Oder gar nicht mehr.
Da passiert es nun mal öfter, dass ich darüber nachdenke, was ich denn hier, in der Wohnung, in Marl, vielleicht in Deutschland, alles zum letzten Mal erlebe. Und was ich versäumt habe, zum letzten Mal zu erleben (bisher zum Glück nicht all zu viel):
- Die drei Kastanienbäume vor dem Schlafzimmerfenster, die im Frühling immer so schön der Reihe nach aufknospen.
- Unsere Standard-Wanderrunde am Rand der Haardt entlang.
- Der einsame Baum, der sich dort an den Windrädern behauptet (einen Teil könnt ihr im Beitrag Ruhe bewundern).
- Unser Kater, der sich bei jeder Gelegenheit, sei sie auch noch so unbequem für ihn oder uns, schnurrend einkuschelt und, als könnte nichts seine kleine Welt erschüttern, einpennt.
- Der undichte Wasserkasten vom Klo, dem immer gerade dann, wenn ich kurz vor'm Einschlafen bin, einfällt, zu plätschern.
- Die von Katzen zerfetzte Fliesenimitatklebefolie in der Küche, welche die ursprünglichen, schimmelgrauen Kacheln verstecken soll.
- Und noch vieles mehr…
Aber nun mal ehrlich (und das schreibe ich hauptsächlich mir selber): Kann all das nicht auch passieren, wenn man sich entschieden hätte, „normal” weiterzuleben? Im gewissen Sinne ist es von Vorteil, dass durch unseren Schritt all diese Unwägbarkeiten und Neuigkeiten nun gezwungenermassen jetzt passieren. Wie bei einem Pflaster, welches man selber abzieht. Lässt man das Schicksal „ziehen”, dann wartet man die ganze Zeit mit zugekniffenen Augen und Angst auf den Ruck.
Und noch zum Thema Ängste: Wenn man Dinge immer nur nach sorgfältigen Risikoabwägungen tut, verbringt man 1. sein Leben nur mit Nachdenken und 2. kann man eigentlich keinen Schritt vor die Haustür wagen. Das Leben basiert nun mal auf Vertrauen, z.B. ganz unbewusst auf den Architekten des Hauses, in dem man wohnt. Man vertraut, dass er die Decken so stabil gebaut hat, dass sie einem nicht auf den Kopf fallen. Oder etwas mehr bewusst, dass der Pilot eines Flugzeugs einen sicher von Köln nach New York bringt (wir müssen sogar vier Piloten vertrauen, plus den ihnen zugewiesenen Flugzeugen, plus den Fluglotsen, plus, plus,…). Oder ganz bewusst auf Gott, dass er bei all diesen Unwägbarkeiten die Übersicht behält und wir uns in seiner Hand geborgen fühlen können. Soviel zur Theorie. Nun geht es für mich darum, das die 30cm tiefer in das Herz zu bekommen. Kathrin hat das vor zwei Wochen bereits geschafft. Drückt mir also die Daumen.
1 Kommentar:
Keinen Schritt vor die Haustür? Haha.
Fast 90 % der Menschen in Deutschland sterben im Bett...
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