Mittwoch, 29. November 2006

Warum Neuseeland?

Warum gehen wir ausgerechnet nach Neuseeland? Dass es ein englischsprachiges Land sein sollte, versteht sich fast von selbst, da zumindest ich keine andere Sprache spreche. Aber warum dann nicht nach England oder Irland, oder in die USA? Warum ausgerechnet Neuseeland? Wohin zieht es da eigentlich die Marksens? Was hat Neuseeland, was Deutschland nicht hat?

Farn

Schon seit zig Jahren habe ich den Wunsch in mir, mal in einem anderen Land zu leben. Deshalb bin ich auch nach dem Abi als Au pair nach Irland gegangen, um meinen Traum wahrzumachen. Das hat zwar nicht so ganz geklappt (habe meinen Aufenthalt dort nach fünf Wochen abgebrochen, weil ich mit meiner Gastfamilie nicht klar gekommen bin), aber mein Traum, irgendwann mal in Irland zu leben, ist geblieben.
Kurz nach Irland bin ich dann mit Stefan zusammen gekommen (wer sich für diese Geschichte interessiert, kann ja einen Kommentar abgeben…). Und schon nach kurzer Zeit stellten wir fest, dass wir diesen „Traum-von-einem-anderen-Land” teilen. Allerdings hatte Stefan damals im Gegensatz zu mir schon eine Leidenschaft für Australien oder Neuseeland. Neuseeland sagte mir zu diesem Zeitpunkt in etwa so viel wie den meisten anderen Leuten: Liegt irgendwo bei Australien (dabei sind es bis dahin noch ca. 3000 Kilometer). Und so begannen wir immer mehr, uns mit diesem – wohl schönsten – Land der Erde zu beschäftigen.

Waipunga Wasserfälle

Durch die Beschäftigung mit Neuseeland habe ich meine Liebe zu diesem Land entdeckt. Und in den nun folgenden Blog-Einträgen möchten wir euch gemeinsam mit auf eine Reise nehmen. Eine Reise, die wir selbst schon unternommen haben und die euch an das schönste Ende der Welt entführen wird. Wir zeigen euch, was dieses Land so besonders macht: Seine Flora, seine Fauna, die Gastfreundschaft der Menschen, der ganze „way of life”. Vielleicht können manche von euch, die über dieses Land noch nicht so viel wissen, danach besser verstehen, warum uns unser Weg dorthin führt. Vielleicht aber auch nicht. Sehnsucht, sich zu etwas hingezogen fühlen, kann man nicht immer erklären. Sie ist – wie die Liebe zu einem bestimmten Menschen, bei dem die Chemie füreinander einfach stimmt – einfach da. Und natürlich gibt es auch andere schöne, attraktive Länder auf dieser Erde. Aber Neuseeland „berührt” uns auf eine Weise, die wir sonst in keinem Land der Erde erlebt haben. Kommt trotzdem mit. Vielleicht werdet auch ihr wenigstens ein bisschen verzaubert…

Montag, 27. November 2006

Trauern

Wer von uns trauert schon gerne? Wahrscheinlich keiner. Trauer hat immer etwas mit Verlust zu tun. Lässt einen mit mal kleineren, mal größeren Wunden zurück. Kann ganz hilflos machen. Kann dazu führen, dass wir uns auf dieser Welt ganz alleine fühlen, ohne Hoffnung, dass es jemals wieder besser werden kann.

Minka (†14.08.2006)

Vor dreieinhalb Monaten mussten wir unsere Katze Minka einschläfern lassen. Und obwohl sie vorher bereits mehrere Wochen krank gewesen war (Leberversagen) und am Ende nur noch Haut und Knochen und dementsprechend müde war, habe ich bis jetzt einen leisen Zweifel in mir, ob dies wirklich die richtige Entscheidung war. Mein Verstand weiß das zwar, aber mir fehlt ein Stück meines Herzens, seitdem sie nicht mehr da ist. Und dieses Stück bekomme ich nie wieder. Ihr geht es gut, da, wo sie jetzt ist. Und ich werde sie wiedersehen. Trotzdem vermisse ich sie so sehr, dass ich – so wie jetzt – ab und zu anfange zu weinen, wenn ich an sie denke.

Keiner trauert gerne. Aber es ist enorm wichtig. Verdrängen wir unsere Gefühle, werden sie sich ein anderes Ventil suchen. Früher oder später. Und im Trauern liegt auch eine Chance – die Chance, geliebte Dinge loszulassen. Um danach, wenn dieses Reißen in der Brust sich etwas beruhigt hat, zu spüren, dass die guten Erinnerungen geblieben sind. Und dass „wieder-lachen-können” keinen Verrat am verlorenen Menschen/Tier darstellt.
Ich habe schon angefangen, wegen unserer bevorstehenden Abreise zu trauern. Und ich bin froh darüber: So kann ich nicht „plötzlich” von einer sich aufgestauten Gefühlswelle überrollt werden. Und mit Sicherheit muss ich mich dann am Flughafen und in der ersten Zeit in Neuseeland trotzdem selbst noch mal an das eben Geschriebene erinnern. Theorie bleibt eben doch immer noch Theorie…

Samstag, 25. November 2006

Gesichtsverlust

Gesichtsverlust, Stufe 1
Gesichtsverlust, Stufe 2
Gesichtsverlust, Stufe 3
„Zeig' mir deine Wohnung, und ich sage dir, wer du bist.” – Wenn es danach geht, sind wir im Moment totale Chaoten. Und wir haben erst angefangen… Während andere Paare gerade in Begriff sind, sich ihr neues Nest einzurichten, bricht unseres Stück für Stück zusammen. Bilder verschwinden von den Wänden, Kuscheltiere von den Sofalehnen (siehe rechts), leere oder gefüllte Kisten stapeln sich hier und da (siehe unten), usw. Unsere Wohnung verliert ihr Gesicht, ihre Wärme (und dann wird es noch Winter – na super…).

Wir durchlaufen momentan unsere Empfindungen in 5-Wochen-Abständen: Erst Kathrin, dann ich. Das kann von Vorteil sein, wenn ich mich auf ein positives Gefühl freuen kann, welches sie vorher hatte. Das ist aber auch von Nachteil, wenn ich Kathrin dabei beobachten muss, wie sie durch ein Stimmungstief geht. Und ein solches Tief hat nun mich erreicht. Ich bekomme angesichts unserer sich verändernden Wohnung Panik. Auf was für einen Wahnsinn habe ich mich da eigentlich eingelassen? Ich bin doch eigentlich der Typ: Sicherheiten. Ich brauche Gewohnheiten, Rituale, Ordnung, alles an gewohnten Plätzen oder zu gewohnten Zeiten. Und wo sind diese Dinge jetzt? Weg! Wo anders! Wann anders! Oder gar nicht mehr.

Da passiert es nun mal öfter, dass ich darüber nachdenke, was ich denn hier, in der Wohnung, in Marl, vielleicht in Deutschland, alles zum letzten Mal erlebe. Und was ich versäumt habe, zum letzten Mal zu erleben (bisher zum Glück nicht all zu viel):

  • Die drei Kastanienbäume vor dem Schlafzimmerfenster, die im Frühling immer so schön der Reihe nach aufknospen.
  • Unsere Standard-Wanderrunde am Rand der Haardt entlang.
  • Der einsame Baum, der sich dort an den Windrädern behauptet (einen Teil könnt ihr im Beitrag Ruhe bewundern).
  • Unser Kater, der sich bei jeder Gelegenheit, sei sie auch noch so unbequem für ihn oder uns, schnurrend einkuschelt und, als könnte nichts seine kleine Welt erschüttern, einpennt.
  • Der undichte Wasserkasten vom Klo, dem immer gerade dann, wenn ich kurz vor'm Einschlafen bin, einfällt, zu plätschern.
  • Die von Katzen zerfetzte Fliesenimitatklebefolie in der Küche, welche die ursprünglichen, schimmelgrauen Kacheln verstecken soll.
  • Und noch vieles mehr…
Umzugschaos
Da sind Ängste, gravierende Ereignisse in der Familie oder im Freundeskreis, seien sie nun positiv oder negativ, nicht mitbekommen zu können. Ängste, dass finanziell oder gesundheitlich irgendetwas dazwischenkommt. Ängste, keine sozialen Kontakte knüpfen zu können.

Aber nun mal ehrlich (und das schreibe ich hauptsächlich mir selber): Kann all das nicht auch passieren, wenn man sich entschieden hätte, „normal” weiterzuleben? Im gewissen Sinne ist es von Vorteil, dass durch unseren Schritt all diese Unwägbarkeiten und Neuigkeiten nun gezwungenermassen jetzt passieren. Wie bei einem Pflaster, welches man selber abzieht. Lässt man das Schicksal „ziehen”, dann wartet man die ganze Zeit mit zugekniffenen Augen und Angst auf den Ruck.

Und noch zum Thema Ängste: Wenn man Dinge immer nur nach sorgfältigen Risikoabwägungen tut, verbringt man 1. sein Leben nur mit Nachdenken und 2. kann man eigentlich keinen Schritt vor die Haustür wagen. Das Leben basiert nun mal auf Vertrauen, z.B. ganz unbewusst auf den Architekten des Hauses, in dem man wohnt. Man vertraut, dass er die Decken so stabil gebaut hat, dass sie einem nicht auf den Kopf fallen. Oder etwas mehr bewusst, dass der Pilot eines Flugzeugs einen sicher von Köln nach New York bringt (wir müssen sogar vier Piloten vertrauen, plus den ihnen zugewiesenen Flugzeugen, plus den Fluglotsen, plus, plus,…). Oder ganz bewusst auf Gott, dass er bei all diesen Unwägbarkeiten die Übersicht behält und wir uns in seiner Hand geborgen fühlen können. Soviel zur Theorie. Nun geht es für mich darum, das die 30cm tiefer in das Herz zu bekommen. Kathrin hat das vor zwei Wochen bereits geschafft. Drückt mir also die Daumen.

Donnerstag, 23. November 2006

Leidenschaft

Schmetterling Leidenschaft ist so eine Sache. Gerade junge - frischverliebte - Leute halten es für eins der wichtigsten Gefühle, andere wiederum - vor allem, wenn sie Gefühlen eher misstrauisch gegenüber stehen - sehen in erster Linie das „Leiden”, das sie hin und wieder schafft.
Ich kenne beides. Das Gute und das Schwierige an diesem Gefühl. Sie kann wunderschön sein, aber auch viel kaputt machen, wenn sie in „falschen” Bahnen verläuft. Und natürlich ist sie auch nicht alles. Genauso wie die Millionen von Schmetterlingen im Bauch, die man verspürt, wenn man sich verliebt hat, kann sie ebenso schnell verschwinden wie sie aufgetaucht ist. Sie ist sehr flüchtig, lässt sich nicht festhalten. Und doch rennen wir ihr - wie den Schmetterlingen - immer wieder hinterher, nur, um sie wenigstens noch ein Mal zu empfinden.

Zur Zeit habe ich meine große Leidenschaft für das Klettern entdeckt (die Stefan absolut teilt). Ich kann es kaum erwarten, bis es wieder Dienstag ist und wir uns mit anderen Leuten, die genauso kletterbegeistert sind wie wir, in Bochum oder Essen treffen und uns eine Wand nach der anderen vornehmen. Wir sind so voller Leidenschaft, dass wir zuerst meine Eltern und dann noch eine Freundin mitgeschleppt haben, die jetzt auch diesem Sport verfallen sind. Und jedem, der es hören will - oder auch nicht - erzähle ich von den Besonderheiten, die diesen Sport ausmachen, dem Glück, eine zuvor noch zu schwierige Route geschafft zu haben, der wunderbaren Müdigkeit in den Gliedern, die man danach verspürt.

Tja, mit der Leidenschaft ist es ja wie gesagt so eine Sache. Ich bin auch leidenschaftlich Christ. Ich bin glücklich und dankbar, Gott zu kennen. Und ich würde jedem Menschen wünschen, dass er Gott in sein Leben lässt. Trotzdem fällt es mir oft viel schwerer, diese Leidenschaft auszuleben. Zu meinem Glauben zu stehen, auch, wenn es vielleicht mal unangenehm wird. Gott liebt mich dadurch nicht weniger. Das weiß ich. Und es kann und muss auch nicht jeder in jeder erdenklichen Situation einfach so locker und beiläufig von Gott erzählen. Nur: Schweige ich manchmal nicht auch, weil ich feige bin? Weil ich besser dastehen will? Darauf habe ich keine Lust mehr. Natürlich muss ich nichts von Gott erzählen. Natürlich zwingt mich keiner dazu. Auch Gott nicht. Aber ich möchte lernen, ehrlich mit all meinen Leidenschaften umzugehen…

Sonntag, 19. November 2006

Umtopfen...

Eine der wenigen Sachen im Haushalt, die ich immer gerne gemacht habe, ist Pflanzen umtopfen. Wunderbar: Man arbeitet - zugegebenermaßen im weitesten Sinne - in der Natur und darf sich die Hände ganz ungestraft so richtig schön dreckig machen. Einfach großartig. Außerdem handelt es sich dabei um eine Arbeit, bei der man sehr behutsam und sorgfältig vorgehen muss. Die Wurzeln sollten möglichst unversehrt bleiben, junge Triebe dürfen nicht abgeknickt werden, der neue „Wohnort” muss gut vorbereitet sein für seinen neuen Bewohner.
Trotzdem geht immer wieder etwas „schief”, egal, wie sehr man aufgepasst hat. Manchmal kann man einen Teil der Wurzeln nicht retten, weil sie schon so sehr mit dem alten Topf verwachsen waren. Mancher junge Trieb bricht einfach ab, auch wenn man alles ganz vorsichtig gelöst hat. Und manchmal hat man eigentlich alles richtig gemacht und trotzdem will sich die Pflanze in ihrem neuen Zuhause einfach nicht so richtig wohlfühlen.
Und so kommt es, wie es eben kommen muss, und wie es jeder (Hobby-)Gärtner schon einmal erlebt hat: Man will einer Pflanze etwas Gutes tun und nichts desto trotz verliert sie erst einmal einen Teil ihrer Blätter und scheint nach der ganzen Aufregung ziemlich müde zu wirken. Scheint irgendwie nicht damit zurechtzukommen, aus ihrer gewohnten Umgebung gerissen worden zu sein.

Einsame Pflanze So ähnlich wie den meisten Pflanzen wird es uns auch in Neuseeland ergehen. Bei jedem Umzug lässt man Federn. Wir können nicht alle Wurzeln einfach „abkappen” und danach weitermachen wie vorher. Und auch so mancher „junge Trieb”, den wir bisher entwickelt haben, wird sich wahrscheinlich erst wieder etwas erholen mssen. Und natürlich ist es ein großer Unterschied, ein Land für fünf Wochen nur zu besuchen oder in ihm zu leben. Wir werden uns in Neuseeland erst einmal an unsere neue Umgebung gewöhnen müssen. Und wir werden mit Sicherheit nach einigen Wochen in unserem neuen Zuhause fragen, was wir da eigentlich angerichtet haben, ob unser „alter Topf” nicht doch viel besser und gemütlicher war. Aber wir glauben daran, dass es uns so geht wie den meisten Pflanzen, die umgetopft werden: Nach einer „Trauer-Phase” entwickeln sie sich besser als zuvor. Und dann ist es plötzlich gar nicht mehr so schlimm, dass man auf dem Weg einige Blätter verloren hat…

Freitag, 17. November 2006

Wenn...

Charley und Ewan - © Long Way Round In den letzten Wochen lief auf DMAX die Sendung „Long Way Round“ in welcher Ewan McGregor und Charley Boorman in 115 Tagen mit zwei Motorrädern von London aus rund um die Welt (u.a. durch Europa, Kasachstan, Russland, die Mongolei, Alaska, Kanada und Amerika) gefahren sind. In der abschließenden Sendung erzählen sie davon, dass diese Erfahrung einmalig in ihrem Leben sei und auch über ihre Ängste im voraus. Wir haben diese Sendung gespannt verfolgt, und das nicht nur, weil wir McGregor als Schauspieler sehr schätzen und die Bilder des Trips einfach einmalig waren. In gewissem Maß erkennen wir uns in ihren Ängsten und Sorgen vor und während des Abenteuers wieder.

Einfache Straßen - © Long Way Round In der Mongolei weichen die asphaltierten Straßen matschigen Flächen, in denen man pro Tag nur wenige Kilometer vorwärts kommt und ständig mit dem Motorrad umfällt. In Russland auf der Knochenstraße nach Magadan finden sie sich ständig vor von Flüssen weggerissenen Brücken wieder und benötigen die Unterstützung mächtiger Lastwagen, die sie huckepack über die reißenden Strömungen fahren. Unfälle, Moskitos, schmerzende Hintern und vieles anderes zehren an den Kräften und Nerven. Im Gegenzug entschädigt die Gastfreundschaft fremder Völker, das Gefühl von Freiheit und Grenzenlosigkeit und am Ende die Freude darüber, etwas Großes erfolgreich durchgestanden zu haben.

Hilfsbereitschaft - © Long Way Round „Was ich wirklich hoffe ist, dass dieser Trip den Leuten zeigt, was alles möglich ist. Viele Ideen werden niemals umgesetzt, weil sich die Leute immer fragen: Was ist, wenn das passiert? Was ist, wenn dieses passiert? Was, wenn plötzlich das Benzin ausgeht? Und das hält uns davon ab, viele Dinge zu tun. Aber gerade die Unwägbarkeiten und Risiken sind es, die das Ganze so spannend machen. Immer, wenn wir in Schwierigkeiten waren und z.B. eine Panne mit dem Bike hatten, haben wir jemanden getroffen, der uns geholfen hat. Ich habe seit dem Trip eine sehr viel optimistischere Sicht auf die Welt, weil wir überall unglaubliche und hilfsbereite Menschen getroffen haben - und das in 99% der Fälle.”
Ewan McGregor

Müde - © Long Way Round Die ganzen Pannen und Verzögerungen innerhalb der Vorbereitung für Neuseeland haben uns dieses Jahr ziemlich mürbe gemacht. Häufig kam der Gedanke auf, einfach die Notbremse zu ziehen und ein „normales” Leben in Deutschland mit einem normalen Job und normalem Tagesablauf weiterzuführen - relativ unspektakulär, dafür aber wenigstens ohne diesen ganzen Ärger. Drei Dinge haben uns bisher vom Griff zum roten Hebel abgehalten:

  1. Wir haben inneren Frieden über das ganze Projekt, über den Gedanken, den Schritt auszuführen.
  2. Wenn einer von uns am Boden war, hatte der andere entweder gerade genug Kraft um beide weiterzubringen oder wir haben uns an Gottes Kraft und Unterstützung geklammert.
  3. Ein außergewöhnlicher B&B-Besitzer in Rotorua/Neuseeland gab uns während unseres Urlaubs einen Tipp, der auch im obigen und im folgenden Zitat anklingt: Immer nur ein Wenn nach dem anderen. Kümmere dich nicht um zwei oder gar mehr Wenn gleichzeitig, sonst gibst du vielleicht angesichts der schieren Menge auf.
So haben wir uns wie Beppo Straßenkehrer immer um ein Stück „Straße” nach dem anderen gekümmert:
Man darf nie an die ganze Straße auf einmal denken, verstehst Du? Man muß nur an den nächsten Schritt denken, an den nächsten Atemzug, an den nächsten Besenstrich. Und immer wieder nur an den nächsten. […] Auf einmal merkt man, dass man Schritt für Schritt die ganze Straße gemacht hat. Man hat gar nicht gemerkt wie, und man ist nicht außer Puste. […] Das ist wichtig.
Beppo Straßenkehrer in „Momo” von Michael Ende
Und nun sind es nur noch knapp neun Wochen und wir schauen voller Staunen zurück auf die Strecke, die schon hinter uns liegt, und die am Anfang des Jahres noch so lang und steil erschien. Das macht Mut für den aufregenden Teil, der noch vor uns liegt.

Montag, 13. November 2006

Schaumschlägerei

Heute abend war ein ganz normaler Sonntagabend in einem deutschen Durchschnittshaushalt: Mann und Frau sind erschöpft vom - nicht vorhandenen - Tagwerk, die Knochen sind genauso müde wie der Kopf, die Haare müssten auch mal wieder gewaschen werden. Was ist also das Sinnvollste, das man in einer solchen Situation machen kann? Man geht zusammen in die Wanne.
Nun ist es ja so, wie wir alle bereits wissen, dass Männer und Frauen unterschiedlich veranlagt sind. Während Frau sich auf einen ruhigen und romantischen Abend in der Badewanne freut, hat Mann etwas ganz anderes im Sinn:

Entdecke das Kind in Dir neu!

Badewanne voll Schaum Stefan denkt so bei sich: „Da war doch mal dieses lustige Spielchen, das ich früher immer in der Badewanne gespielt habe. Mal sehen, ob das noch klappt…” Und eh ich mich versehe, verwandelt sich mein immer wieder für Überraschungen guter Ehemann in einen Quirl, so dass der Schaum steigt… und steigt… und steigt… Mittlerweile können wir uns vor Lachen kaum noch halten und auch mich hat der Ehrgeiz gepackt! Immer höher wachsen die weißen Gebirge und wir müssen aufpassen, dass wir mit unserer ganzen Schaumschlägerei nicht noch das Bad unter Wasser setzen, da sich der Schaum bedenklich und unbeeindruckt der Oberkante der Badewanne nähert. Es scheint überhaupt so, als wäre viel mehr Schaum in der Wanne als Wasser… Meine ursprüngliche Vorstellung von einem „ruhigen, romantischen Abend” ist in der Zwischenzeit zunichte gemacht worden. Manchmal kommt es eben doch anders, als man es sich eigentlich ausgemalt hatte. Und ich lasse mich gerne mitreißen. Lachen und ab und zu ein wenig (zu) albern (zu) sein hatten Stefan und ich schon immer gemeinsam. Hilfe! Und hey: Hat nicht schon Jesus gesagt: „Lasst die Kinder zu mir kommen und hindert sie nicht, denn für Menschen wie sie ist das Reich Gottes bestimmt.” Dann müssten wir ja gute Chancen haben…
Zurück zum Ort des Geschehens: Es wird langsam schwierig, sich in dem ganzen weißen Chaos noch zu orientieren und nicht völlig zu ertrinken. Deswegen ziehen wir im letzten Moment die Notbremse (bevor ich entweder vor lauter Schaum ersticke oder wegen meines Lachkrampfes überhaupt keine Luft mehr bekomme). Baden macht Spaß. Und unbeschwert lachen erst recht. Schön, dass wir das zusammen können. Und dabei nicht das Gefühl haben müssen, dass der Andere denkt: „Mein Partner spinnt doch…”

Dienstag, 7. November 2006

Rückkehr der Visa

Überraschungen
Ein Mensch dem Sprichwort Glauben schenkt:
'S kommt alles anders, als man denkt -
Bis er dann die Erfahrung macht:
Genau so kam's, wie er gedacht.

Eugen Roth

Visa Und was habe ich nicht alles gedacht, was schief gehen könnte: Irgend eine Kleinigkeit in den Anträgen ist falsch ausgefüllt. Irgendein Dokument fehlt. Die Rückumschläge mit den Pässen gehen verloren.

Aber nichts dergleichen: Heute klingelte der Postbote und überreichte die lang erwarteten Reisepässe mit den noch länger erwarteten Visum-Aufklebern. Ein weiterer Schritt ist geschafft. Nun ist unser Aufenthalt in Neuseeland bis mindestens zum 30.1.2010 gesichert. Das Poltern der Steine, die uns vor Erleicherung von den Herzen gefallen sind, müsste lauter gewesen sein als bei der Sprengung des Goliath.

Soviel zum rationalen Teil. Kathrin konnte ab dem Klingeln an der Haustür nicht mehr ruhig sitzen bleiben, rief voller Begeisterung bei mir an der FH an und versuchte, ihre Freude durch den Hörer zu übertragen - leider ergebnislos. Auch die später folgende stürmische Begrüßung mit den beiden Pässen in der Hand und freudigem auf-den-Fersen-wippeln half da nicht viel. Ich hatte vor ein paar Tagen noch getönt: „Wenn ich die Dinger in der Hand halte, dann sackt die Erkenntnis sicher durch.” Ja Pustekuchen. Irgendetwas in mir will nicht so recht wahrhaben, welch riesigen Schritt wir da eigentlich machen. Vielleicht kapiere ich es endlich, wenn wir schon 5 Wochen drüben sind und ich merke, dass dieser komische „Auckland-Urlaub” irgendwie noch nicht zuende ist…

Donnerstag, 2. November 2006

Ruhe

Ruhe. In den letzten Monaten haben wir sie oft gesucht, aber nicht besonders oft gefunden. Durch die ganzen organisatorischen Vorbereitungen für Neuseeland und den daraus resultierenden Stress scheinen die Tage fast vor uns wegzurennen. Lassen sich nicht aufhalten, egal, wie sehr wir es auch versuchen. Ganz plötzlich, unerwartet, ist es November geworden. Die Tage werden durch die Zeitumstellung noch kürzer. Und wir: Mittendrin. Klar, wir haben es uns so ausgesucht. Wir wollen ja nach Neuseeland, da müssen wir uns nun mal damit abfinden. Und das tun wir auch. Stress gehört dazu. Aber dass es so viel werden würde, war uns vorher nicht bewusst. Es ist eben doch ein Unterschied, ob man sich eine Situation theoretisch bewusst macht oder gerade in ihr ist und ihr nicht einfach so entfliehen kann. Ruhe
Zur Ruhe muss ich mich im Moment manchmal fast zwingen. Muss mir sagen: „Okay, Du gehst jetzt raus, genießt das schöne Wetter und lässt mal für eine Stunde den Stress Stress sein. Er läuft Dir schon nicht weg. Und danach kannst Du bestimmt wieder besser mit ihm umgehen.” In so einer Stunde-der-Auszeit ist dieses Foto entstanden. Ruhe finde ich nämlich vor allem in der Natur. In der Nähe von Bäumen und Wasserfällen. Dort scheint die Zeit irgendwie langsamer zu laufen. Vielleicht ist es mir dann auch einfach egal, ob sie weiter läuft oder nicht. Jeder Mensch braucht seine kleinen Nischen, in denen er auftanken kann. In denen er den Alltag für einen Moment vergisst, um ihn dann besser bewältigen zu können. Meine Nische ist die Natur. Selbst wenn es mir nicht gut geht, vermag es der kleinste Wasserfall, mir wieder ein Lächeln zu entlocken. Es ist wichtig, dass wir nicht vergessen, warum wir leben. Und wofür. Nur manchmal müssen wir erst daran erinnert werden…