Nach unserer erfolgreichen Serie „Warum Neuseeland” sind wir mittlerweile auch in der Lage, ein paar Gegenargumente aufzuführen. Fangen wir mal mit dem an, welcher uns am letzten Samstag am deutlichsten geworden ist – zumindest mir.
Neuseeland ist ja ein geologisch sehr aktives Land. Ich war der Meinung, dass die Sache – zumindest in Auckland – mit ein paar mal Rumpeln pro Jahr gegessen sei. Denn alle 52 Vulkane hier sind erloschen. Die Ausstellung hat uns da eines besseren belehrt.
Alles fängt erst ziemlich witzig an mit einem Raum, in dem ein modellierter Mini-Vulkan vor sich hin glüht und Filme die Entstehung der beiden Inseln erläutern. Es wird aufgelistet, was alles an Überwachungsgeräten installiert ist, um frühzeitig über geologische Aktivitäten informiert zu sein (Irgendjemand hat einen Plastik-Dinosaurier vor die Kamera auf White Island gestellt - schaut mal, ob ihr den findet…). Es gibt Filme über Vulkanausbrüche und Ausstellungsstücke z.B. aus Pompeiji. Aber dann wird es persönlich. Man betritt das Wohnzimmer eines „Durchschnittshauses” in der fiktiven Puia Street, St Heliers, und schaut aus dem Panoramafenster direkt auf den Hafen. Das Licht vermittelt abendliche Atmosphäre und ein Fernseher läuft. Die Nachrichten berichten live über die ungewöhnliche Häufung von Erdbeben in den letzten Tagen und bringen ein Interview mit einem Geologen. Während dieser noch erklärt, dass ein Anstieg des Magmaspiegels unter der Stadt gemessen wurde, kommt eine Eilnachricht von Dampfentwicklung im Hafenbecken gefolgt von Live-Bildern eines Hubschraubers. Plötzlich erschüttert ein Schlag den Boden, der Strom fällt aus und man sieht durch das Wohnzimmerfenster den Vulkan ausbrechen (siehe Film zum obigen Bild). Als die Rauchwolke das Haus erreicht, scheppert alles und es folgt ungeheuerlich laute Stille…
Wir verlassen das Haus relativ geschockt und bewegt (im wahrsten Sinne des Wortes) mitsamt einer Familie, deren kleinstes Kind laut weint. Es braucht ein paar Minuten in der folgenden Ausstellung über die Tierwelt des Strandes, um wieder „runterzukommen”. In den folgenden Tagen ertappe ich mich bei Autobahnfahrten immer wieder dabei, einen ängstlichen Blick auf das Hafengebiet zu werfen.
Seit wir hier angekommen sind, konnten wir nicht umhin, zu bemerken, dass unser Traumland nicht der sicherste Platz auf der Welt ist:
- 22.2.2007: 30km östlich von Orewa erschüttert um 9 Uhr abends ein Erdbeben der Stärke 4,5 in 15 km Tiefe den Meeresboden (wir haben es nicht gefühlt). Keine Schäden, nur besorgte Anrufe von Anwohnern. Die „erdbebenerprobten” Menschen in Wellington lachen sich schlapp darüber, dass so einen Wirbel um dieses „kleine” Beben gemacht wird: „Wahrscheinlich haben die Aucklander ihren Café Latte verschüttet.”
- 18.3.2007: Der Damm des Kratersees von Mount Ruapehu bricht und entlässt eine Lahar ins Tal. Keine Opfer, nur geringer Sachschaden. Das Warnsystem hat funktioniert
- Lake Taupo ist die Folge des grössten Vulkanausbruchs der letzten 70.000 Jahre. Wissenschaftler stufen diesen Vulkan als schlafend – nicht erloschen – ein und halten ihn für überfällig. Wenn er allerdings irgendwann einmal husten wird, hat nicht nur Neuseeland ein Problem.
- Man stößt überall auf Lavagestein, sei es als Baumaterial für Mauern oder in Form von seltsamen Steinformationen an der Küste oder im Inland.
- Auckland selber sitzt 100km über einer Lavakammer, welche in unregelmäßigen Abständen mal Ableger an die Oberfläche bildet, so z.B. vor 600 Jahren, als Rangitoto Island entstand. Auckland ist dieser Gefahr bewusst und hält Notfallpläne bereit.
Naja, alles hat halt seine Nachteile. Das Problem bei all dem ist die Unberechenbarkeit. Wenn ein Vulkan alle 10 Jahre ausbrechen soll, dann heißt das nicht, dass er es auf den Tag genau machen wird. Und statistisch gesehen, sollten wir uns eigentlich mehr Sorgen über einen Einbruch oder Autounfall machen.
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