Die Frage ist mir während der Phase des großen Aufbruchs immer wieder herausgerutscht und wurde dann zum Running-Gag. Die Zeit flog nur so dahin. Eh man sich versah, war schon wieder ein weiterer Donnerstag. Und ich dachte, das würde besser werden. Die Kiwis sollen doch so geruhsam sein…
Nichts da. Schon wieder ist fast eine Woche rum. Am Samstag lernen wir zum ersten Mal wieder den neuseeländischen Regen kennen. Und wie. Es prasselt nur so auf das Dach und die Strasse. Die Auffahrt zum Parkplatz wird zum Bach. Und kurz danach: Wieder Sonnenschein. Wir packen die Kamera und schaffen es noch rechtzeitig zum Sonnenuntergang hoch zum Mount Eden, wo uns die Aussicht den Atem verschlägt. Und hier oben trifft mich plötzlich mit ziemlicher Wucht die Erkenntnis, auf was für einen riesigen Schritt wir uns da eigentlich eingelassen haben. Diese Stadt da zu unseren Füßen, deren Lichter langsam erwachen, das ist jetzt unser neues Zuhause. Anscheinend kommt die Seele langsam unseren weit gereisten Körpern hinterher.
Sonntag im Gottesdienst sind alle, die Instrumente spielen konnten, zum Musik machen eingeladen. Also stehe ich nach Wochen der Abstinenz wieder hinter den schwarz-weißen Tasten und trage meinen Teil zum multi-kulturellen Ensemble bei. Abends dann werden wir wieder Zeugen der Südafrikanischen Gastfreundschaft und versackten bis kurz vor Mitternacht bei einem frisch verheirateten Ehepaar aus Kapstadt.
Der Rest der Woche verläuft für mich an der Uni, und für Kathrin in unserem neuen Heim. Ich schreibe fleißig den Artikel für das erste Zusammentreffen mit meinen anderen Supervisoren und Advisoren. Kathrin räumt alles auf und um und bringt die Bude auf Vordermann. Abends dann sind wir gemeinsam unterwegs, um z.B. den Fernsehtisch zu kaufen, oder andere Anschaffungen zu tätigen (Töpfe, Lampen, Bettzeug, Dichtungsband, Feuerzeuggas, Bürokram, etc.).
Gestern haben wir dann noch den zweiten hohen Vulkan Aucklands erklommen: One Tree Hill. Er ist zwar nicht ganz so hoch, wie Mount Eden, aber dafür ist sein dazugehöriger Park größer. Man taucht ziemlich schnell ab aus dem Häusermeer in eine grüne Hügellandschaft, die einen an Hobbingen aus dem Herrn der Ringe erinnert. Und für ein Picknick im Sonnenschein ist dieser Park wie geschaffen, da man wenig abseits der Hauptwege schnell ungestörte Plätze findet, wo man entweder nur Grün um sich herum hat oder einen umfassenden Ausblick auf die Millionenstadt.
Heute war für Kathrin ein besonderer Tag, da sie sich für eine Schulungsmaßnahme angemeldet hat, die einem hilft, in der hiesigen Arbeitswelt Fuß zu fassen. Es gibt viel zu lernen, da die Kultur hier nun einmal anders ist. Man muss sich gut verkaufen können, aber dabei nicht aufdringlich sein. Beziehungen und „Gekannt werden” sind das A und O, um einen Job zu bekommen. Jedes Telefonat mit „Tut mir leid, sie zu stören, aber…” anfangen. Höflich sein. Immer präsent sein. Lebenslauf-Tuning. Adressen. Anlaufstellen. Und das alles kostenlos. Da greift man doch gerne zu.
Soviel also zu unseren letzten Tagen. Langweilig wird es uns auf jeden Fall nicht. Und in dem Maß, wie wir damit durch sind, Möbel und anderen Kleinkram in die Wohnung zu schaffen, in dem Maß stellt sich endlich das Gefühl ein, angekommen zu sein. Und wie oben bereits beschrieben gibt es immer wieder Momente, wo einem das Ausmaß des ganzen Unternehmens erst so richtig bewusst wird. Wir haben es gewagt und sind stolz auf diesen Schritt. Wir würden ihn immer wieder machen. Und wir würden euch alle auch immer wieder daran teilnehmen lassen.
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